Ein hässlicher, fetter Bierbauch spannt ein dünnes Camp-David-Hemd, sodass 9 Gucklöcher zwischen den Knöpfen entstehen. Aus den Luken, die zu viel Körper freigeben, speit die rot verbrannte Wampe; sonnengebleichte, sich kringelnde Schweineborsten ragen aus dem Dekolleté hervor und auf diesem Teppich Brusthaare glänzt ein Goldkettchen, das gerade noch so aus den Fettwulsten des Halses findet. Die kleinen Boote, die er wohl als Füße bezeichnen würde, sind in die zu engen Sandalen gepresst; die weißen Socken enden auf halber Schienbeinhöhe und die kurze, beige Hose offenbart es endlich: das Urlaubsklischee der Deutschen.
„Zeit für eine Reise nach Kapstadt!“, hat sich wohl dieses Ebenbild eines Touristen gesagt. Und jetzt, während einer Stadtrundfahrt, beschwert er sich über die Idylle, die Kapstadt durchzieht und umgibt. Permanent muss er sie mit seiner monotonen, dekadenten Zigarren-Säufer-Stimme kommentieren. Die Kunstgriffe, deren er sich bedient, reichen von Floskeln („is nich alles Gold, wat glänzt“), über sekundäre Reiseführung („dat is ein Berg“), bis hin zu fehlerhaften Pissphrasen („warum ist hier so viel Scheißverkehr hier?“). „Wo ist der Backofen?“ ist der nächste geistreiche Beitrag unseres westlichen, deutschen Wonnepropens und daraufhin wirft seine Ehefrau mit der Wahrheit um sich: „Kapstadt ist so europäisch.“
Und genauso ist es – die Dekadenz reicht hier so hoch in den Himmel, dass im reichen, zerfickten, übertriebenen, konsumgeilen Kapitalwesten Urlaub nur noch dann Urlaub ist, wenn der entlegene Urlaubsort den Kriterien des heimatlichen Umfeldes entspricht und den dortigen Luxus übertrumpft; dabei muss man vom Prestige in jeder Minute kotzen können und alles muss an zuhause erinnern; der Urlaub wird nur dann zum Urlaub, wenn der entlegene Urlaubsort einen anderen Namen als das Zuhause trägt, und der Luxus dort so leicht in den Rachen gestopft werden kann, dass bald all die Fäkalien aus dem Körper bersten. Alles andere ist falsch, und böse, und sicher kein Urlaub.
Aber ich darf hier nicht alles auf diesen armen Deutschen und seine Familie projizieren; die Deutschen haben schon genug damit zu tun, ihre bittere Vergangenheit zu verdauen. Als ob er meine Gedanken gelesen hätte, hebt der Phlegmatiker den linken Arm.
„Der Felsen, dat is schon cool, nä?“, meint er zu seinen Kindern.
Cape Town, 09.11.17
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