Bin kein Verfechter von Halbherzigkeit. Oft genug ist die Inspiration zu überwältigend, als sie in reiner Feinheit einzufangen; da schreibt man sich einen ab und fängt sich einen ein, was das Zeug hält, um dann, oft schon am nächsten Tag, die eher mittelmäßige Qualität des Eingefangenen feststellen zu müssen. Was dann noch bleibt, wenn dieses rohe Werk einen noch berührt: Schleifen und schleifen, vom Dreck befreien, Überflüssiges reduzieren und Kohärenz der Bilder und Sprache abzustimmen – eine mühselige Prozedur. Aber dann, wenn man es zu Ende gebracht hat, zahlt es sich aus (man vergleiche die erste Version dieses Sonetts mit dieser).
(PS: Eine Überarbeitung der Website steht an; hinzukommen einige persönliche Veränderungen, auf die ich mein längeres Schweigen schieben möchte – es kommt wieder mehr!)

Ein Weltgesetz

Die Tiefen dunkeln, zehren jedes Funkeln auf;
gebären ewig aller Welt die Weltennacht,
die wie ein Schatten Gottes thront in schwarzer Pracht,
aus der ein Kosmos munkelt über ihren Lauf:

Dass sie die Ferne schafft, weil Sterne sie durchflammen,
mit lebensheißen Sonnentagen sie zergleißen
und voller Farbe, Form und Stoff die Leere spleißen:
So klafft das Chaos, dem im Kerne wir entstammen.

Darum erleben wir seit je, was uns zerreißt:
Dass Gegenteile sich in eine Wahrheit dichten –
und dies, in uns geliebt, uns jederzeit befreit.

Was uns und alles bindet ist, was „Dasein“ heißt:
Dass sich aus Einem endlos viele Teile lichten –
zum Ganzen, das zuhöchst getrennt zutiefst gedeiht.

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