Lyrisch angehauchte Prosareflektion zum Thema Erwachsenwerden; Themenvorgabe war “Zerrissene Zwanziger”. Ein Beitrag für eine erscheinende Anthologie meines Vereins Jung Wien ’14 (und der Text ist aus erkenntnisreicher Frustfrucht verdaut und ausgeschieden worden in Lido delle Nazioni, wo ich durch glückliche Umstände Zeit mit einem Kumpel verbringen durfte – Piadina, mmh).
Kein Tag vergeht ohne Schmerz. Schmerz, der Furchen ins Gesteinsfleisch reißt. Und wenn du kein zerklüftetes Küstengebirge bist, dann hat dich das Meer ganz schnell zu Sand verwandelt – was es so oder so tun wird – nur deinem Massiv entsprechend zeitaufwändiger.
Mensch ist begrenzte Zeit; weil Kosmos begrenzte Zeit ist? – Alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht; und es wird zu Grunde gehen. Wie die letzte Hoffnung. Alles wandelt sich zu nichts, nichts zu alles, Schleife, endlos, Wiederholung; Gedanken, an denen man selbst zu Grunde – zu nichts – gehen könnte; Abstand.
Oh, du heilsame Tugend: Abstand! In dir, du Distanz, da werden die Tat-Dinge so schön klar! Vorausgesetzt, dass man nicht von der Sonne geblendet wird oder, dass eine lästige Mücke einem schließlich ins Auge sticht, woraufhin es zu jucken beginnen, anschwellen, erblinden würde – ehrlich, dieser Juckreiz … und zu reagieren, auf diese erwartungsverseuchte befriedigt-sein-Sehnsucht – dabei haben wir die Freiheit, eben nicht zu reagieren, voll Achtsamkeit! – Achtsamkeit! Mit der wir was genau machen? In all dem schwammig-schlammigen Stimulations-Überfluss, in dem Satan, auf Shivas Rücken reitend, seine zahllosen Hydraköpfe in unsere Seelen reckt – und wir anbeißen, weil der Krieg von Gut und Böse aus unserem Innern fortrationalisiert wurde.
Und dann, in diesen Wogen, jenen des Alltags, da altern wir so unentrinnbar, während unsere fleischliche Hülle ihre Kraft gegen Anfälligkeit tauscht, Gedanken gleichen, Muskel reißen, Gelenke krachen, der Geist stockt, Wirklichkeit und Weltbild aneinander schaben, und das Sich-Laben als letzter Lichtblick bleibt – doch ist jetzt der Magen so empfindlich geworden, dass Genuss und Schmerz sich verheiratet haben.
Genuss und Antigenuss, Wohl und Übel, Teufel und Teufel – gleiches Spiel, gleiche Schleife: Sklave, verglorifizierter Gefühlszustände, die alles Erleben zerteilen in besser-für-mich und schlechter-für-mich – dabei wird dieses Erleben doch so liebevoll geregelt durch achtsames Annehmen, das so unabhängig von besser-oder-schlechter-, angenehmer-oder-unangenehmer-, genussvoll-oder-hassbar- – hässlich – -für-mich ist – ach, woher ich das weiß, und warum ich das nicht nur behaupte?
Weil sich meine Erfahrung zu diesem Glauben zu einem belehrend-bereichernden Zukunft-Gegenwarts-Vergangenheits-Geflecht entwickelt hat und weiterentwickeln wird – so lange ich eben glaube; so lange ich meinen Glauben auf erster Ebene an meinen Taten messe.
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